Mittelatlantischer Rücken – Unterwassergebirge voller Geheimnisse

Der Mittelatlantische Rücken stellt das gewaltigste Gebirgssystem unseres Planeten dar und verbirgt sich zum größten Teil unter der Oberfläche des Atlantischen Ozeans. Er zieht sich wie eine riesige Nahtstelle von der Arktis bis in den tiefen Süden nahe der Antarktis durch das gesamte Becken. Geologisch betrachtet handelt es sich um eine sogenannte divergierende Plattengrenze, an der die Erdkruste ständig in Bewegung bleibt. Hier driften die eurasische und die nordamerikanische Platte im Norden sowie die afrikanische und die südamerikanische Platte im Süden unaufhörlich auseinander. In der Mitte dieses Unterwassergebirges befindet sich ein tiefer Grabenbruch, aus dem kontinuierlich heißes Magma aus dem Erdinneren nach oben steigt. Sobald diese Gesteinsschmelze mit dem eiskalten Meerwasser in Berührung kommt, kühlt sie ab und erstarrt zu neuem Boden. Dieser faszinierende Vorgang wird in der Wissenschaft als Meeresbodenspreizung bezeichnet und lässt den Ozean jedes Jahr ein kleines Stück wachsen. Die Geschwindigkeit dieses Wachstums ist mit etwa zwei Zentimetern pro Jahr vergleichbar mit dem Tempo, in dem menschliche Fingernägel wachsen. Über Jahrmillionen hat dieser Prozess dazu geführt, dass sich die Kontinente Amerika, Europa und Afrika immer weiter voneinander entfernt haben. Die Gipfel dieses Gebirges ragen meist mehrere tausend Meter über den tiefen Meeresgrund empor, erreichen aber nur selten die Wasseroberfläche. An einigen wenigen Stellen ist die vulkanische Aktivität jedoch so stark, dass die Berge über den Meeresspiegel hinauswachsen und Inseln bilden. Das bekannteste Beispiel für dieses Phänomen ist Island, wo der Rücken mitten durch das Land verläuft und oberirdisch sichtbar wird. Dort können Besucher in Schluchten wie der Allmänna-Spalte direkt zwischen den tektonischen Platten wandern. Auch die Azoren und die Insel Ascension verdanken ihre Existenz dieser besonderen geologischen Lage auf dem Rücken. Die Landschaft am Grund des Grabens ist geprägt von frischen Lavaströmen, tiefen Spalten und bizarren Gesteinsformationen. Ein weiteres wichtiges Merkmal sind die hydrothermalen Quellen, die oft als Schwarze Raucher bezeichnet werden. Aus diesen Schloten sprudelt mineralreiches, extrem erhitztes Wasser aus dem Gestein in den Ozean. Trotz der extremen Bedingungen und des völligen Fehlens von Sonnenlicht haben sich dort einzigartige Lebensformen entwickelt. Diese Organismen nutzen die chemische Energie der austretenden Stoffe, um zu überleben und ganze Ökosysteme zu bilden. Die Erforschung dieser Tiefseeregionen ist technisch höchst anspruchsvoll und erfordert spezielle Tauchboote, die dem enormen Druck standhalten. Lange Zeit wusste die Menschheit gar nichts von der Existenz dieses riesigen Gebirges im Ozean. Erst im neunzehnten Jahrhundert entdeckte man bei Vorbereitungen für die Verlegung eines telegrafischen Seekabels erste Hinweise auf eine Erhebung. Spätere Expeditionen mit Echoloten bestätigten schließlich die gewaltigen Ausmaße dieser unterseeischen Gebirgskette. Die Entdeckung des Rückens war ein entscheidender Beweis für die Theorie der Kontinentaldrift, die einst von Alfred Wegener formuliert wurde. Heute ist das Verständnis dieses Systems fundamental für die moderne Geologie und die Erforschung der Plattentektonik. Der Mittelatlantische Rücken fungiert somit als ein globaler Motor, der die Gestaltung der Erdoberfläche maßgeblich beeinflusst. Er zeigt uns eindrucksvoll, dass die Erde ein dynamischer Planet ist, der sich ständig wandelt und erneuert. Ohne die Prozesse an diesem Rücken sähe die Verteilung der Weltmeere und Kontinente heute völlig anders aus. Die Erforschung der dortigen geothermischen Aktivitäten liefert zudem wertvolle Erkenntnisse über die Wärmeentwicklung im Inneren unserer Erde. Da der Rücken fast den gesamten Globus von Nord nach Süd umspannt, beeinflusst er auch die Strömungen in den tiefen Schichten des Atlantiks. Wissenschaftler überwachen die seismische Aktivität entlang der Bruchzone sehr genau, um die Bewegungen der Erdkruste besser zu verstehen. Jedes Erdbeben in dieser Region ist ein Zeichen für die ungeheuren Kräfte, die tief unter uns am Werk sind. Insgesamt bleibt der Mittelatlantische Rücken eines der letzten großen Wildnisgebiete, die noch viele Geheimnisse vor uns verbergen.
Die Entstehung des Mittelatlantischen Rückens

Die Entstehung des Mittelatlantischen Rückens begann vor etwa 200 Millionen Jahren mit dem Zerfall des Superkontinents Pangäa. Als die gewaltige Landmasse Risse bekam, drangen erste Magmaströme aus dem Erdmantel nach oben und spalteten die Kruste. Durch die Konvektionsströme im Inneren der Erde wurden die kontinentalen Platten langsam in entgegengesetzte Richtungen gedrückt. In der entstehenden Lücke zwischen den Kontinenten sank der Boden ab und es bildete sich ein neues Meeresbecken. Da an dieser Stelle die Lithosphäre besonders dünn ist, kann ständig geschmolzenes Gestein bis zum Meeresgrund aufsteigen. Sobald dieses heiße Magma mit dem kalten Tiefseewasser in Kontakt kommt, erstarrt es sofort zu Basalt. Durch diesen permanenten Nachschub an Gestein türmte sich im Laufe der Jahrmillionen ein gewaltiges Unterwassergebirge auf. Der Prozess der Meeresbodenspreizung sorgt dafür, dass das ältere Gestein immer weiter nach außen geschoben wird. In der Mitte des Rückens bleibt jedoch eine aktive Zone bestehen, die wir heute als zentralen Grabenbruch kennen. Dieser Graben ist die eigentliche Nahtstelle, an der das Auseinanderweichen der Platten bis heute messbar ist. Da die Erneuerung der Kruste im Zentrum stattfindet, ist der Boden direkt am Rücken geologisch gesehen sehr jung. Je weiter man sich vom Rücken entfernt, desto älter und dicker wird die ozeanische Kruste des Atlantiks. Die Entstehung ist also kein abgeschlossenes Ereignis, sondern ein fortlaufender geologischer Vorgang. Ohne diese kontinuierliche vulkanische Aktivität würde der Atlantische Ozean heute nicht in seiner jetzigen Form existieren. Der Mittelatlantische Rücken ist somit das Ergebnis eines gigantischen Recyclingprozesses der Erdkruste.
Der Mittelatlantische Rücken (engl. Mid-Atlantic Ridge, MAR) ist eines der bedeutendsten geologischen Merkmale unserer Erde. Er ist ein gewaltiges Unterwassergebirge, das den Atlantik von Norden nach Süden durchzieht und die Grenze zwischen mehreren Kontinentalplatten markiert.
Wichtigste Fakten im Überblick
1. Geografische Ausmaße
- Länge: Mit etwa 16.000 bis 20.000 Kilometern ist er Teil des längsten Gebirgssystems der Welt (insgesamt ca. 65.000 km).
- Verlauf: Er erstreckt sich vom Arktischen Ozean bis in die Nähe der Antarktis (Bouvetinsel).
- Tiefe: Die Gipfel liegen meist 1.500 bis 3.000 Meter unter dem Meeresspiegel. An manchen Stellen ragen sie jedoch als Inseln aus dem Wasser, am bekanntesten ist dabei Island.
2. Die „Geburtsstätte“ des Meeresbodens
Der Rücken ist eine divergierende Plattengrenze. Das bedeutet, dass hier tektonische Platten auseinanderdriften:
- Im Norden: Die Nordamerikanische und die Eurasische Platte.
- Im Süden: Die Südamerikanische und die Afrikanische Platte.
Durch den entstehenden Riss steigt Magma aus dem Erdmantel auf, erstarrt und bildet neue ozeanische Kruste. Diesen Prozess nennt man Seafloor-Spreading (Meeresbodenspreizung). Der Atlantik wächst dadurch pro Jahr um etwa 2 bis 2,5 Zentimeter.
3. Besondere Merkmale
- Zentralgraben (Rift Valley): Entlang der Kamm-Linie verläuft ein tiefer Grabenbruch, der etwa so breit und tief wie der Grand Canyon ist.
- Vulkanismus: Der Rücken ist vulkanisch extrem aktiv. Die meisten Eruptionen finden jedoch unbemerkt in der Tiefsee statt.
- Hydrothermalquellen: Entlang des Rückens gibt es „Schwarze Raucher“. Das sind mineralreiche Heißwasserquellen, die einzigartige Ökosysteme beheimaten, die völlig ohne Sonnenlicht (Chemosynthese) überleben.
Bekannte Inseln auf dem Rücken
Einige Teile des Rückens ragen über die Meeresoberfläche hinaus:
- Island (der einzige Ort, an dem man den Rücken an Land sehen kann)
- Azoren
- Ascension
- Tristan da Cunha
Tabellarische Zusammenfassung der wichtigsten Merkmale des Mittelatlantischen Rückens
| Merkmal | Details |
| Typ des Gebirges | Unterseeische Gebirgskette (Mittelozeanischer Rücken) |
| Gesamtlänge | ca. 16.000 bis 20.000 Kilometer |
| Plattentektonik | Divergierende Plattengrenze (Platten entfernen sich voneinander) |
| Beteiligte Platten | Eurasische, Nordamerikanische, Afrikanische und Südamerikanische Platte |
| Spreizungsrate | ca. 2 bis 2,5 Zentimeter pro Jahr |
| Höchste Erhebung | Mount Pico (Azoren), ca. 2.351 Meter über dem Meeresspiegel |
| Sichtbare Teile | Island, Azoren, Ascension, St. Helena, Tristan da Cunha |
| Besonderheiten | Zentraler Grabenbruch, Vulkanismus, Schwarze Raucher |






