Zwergplaneten – Kleine Welten, große Geheimnisse

Die Zwergplaneten stellen eine faszinierende und relativ junge Kategorie von Himmelskörpern in unserem Sonnensystem dar. Ihre Definition wurde im Jahr 2006 von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) festgelegt, was eine notwendige Reaktion auf neue Entdeckungen im äußeren Sonnensystem war. Diese Himmelskörper umkreisen direkt die Sonne und besitzen genügend Masse, um durch ihre eigene Schwerkraft eine nahezu kugelförmige Gestalt anzunehmen. Das entscheidende Kriterium, das sie von den klassischen Planeten unterscheidet, ist die nicht bereinigte Umlaufbahn. Dies bedeutet, dass sich in ihrer Umlaufbahn noch zahlreiche andere kleine Himmelskörper befinden und sie nicht die dominante Gravitationskraft in ihrem Bereich darstellen.
Der bekannteste Vertreter dieser Klasse ist Pluto, der mehr als achtzig Jahre lang als der neunte Planet des Sonnensystems galt. Seine Aberkennung als Planet und Neueinstufung als Zwergplanet im Jahr 2006 führte damals zu großen Kontroversen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit. Pluto befindet sich, wie die meisten Zwergplaneten, weit jenseits der Neptunbahn im Kuipergürtel, einer Region voller eisiger Kleinkörper. Dort sind viele weitere potenzielle Zwergplaneten und Milliarden von Kometen beheimatet.
Neben Pluto gibt es derzeit vier weitere offiziell anerkannte Zwergplaneten: Ceres, Eris, Haumea und Makemake. Im Gegensatz zu den anderen Zwergplaneten, die sich im äußeren Sonnensystem befinden, ist Ceres einzigartig, da er der einzige Zwergplanet im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist. Er ist somit dem inneren Sonnensystem deutlich näher als seine eisigen Pendants. Ceres wurde 2015 von der NASA-Sonde Dawn besucht, die faszinierende Oberflächenmerkmale wie helle Flecken und Krater enthüllte.
Eris ist unterdessen der massereichste der anerkannten Zwergplaneten und war maßgeblich an der Debatte über die Planetendefinition beteiligt, da er sogar größer als Pluto eingeschätzt wurde. Seine Entdeckung zwang die Astronomen, die traditionelle Definition des Planeten zu überdenken. Haumea und Makemake sind ebenfalls transneptunische Objekte, wobei Haumea durch seine schnelle Rotation eine ellipsoide Form aufweist, was ihn besonders macht. Haumea besitzt sogar ein Ringsystem und zwei kleine Monde. Makemake ist nach Eris und Pluto eines der größten bekannten Objekte im Kuipergürtel und weist eine rötliche Färbung auf.
Zahlreiche weitere Himmelskörper im Kuipergürtel, wie Sedna oder Quaoar, werden derzeit als Kandidaten für den Status eines Zwergplaneten gehandelt. Die Erforschung dieser Himmelskörper, unter anderem durch die NASA-Sonde New Horizons zu Pluto und die Dawn-Mission zu Ceres, liefert uns wertvolle Einblicke in die Entstehung und Entwicklung unseres Sonnensystems. Die Klasse der Zwergplaneten hilft uns dabei, die Vielfalt der Objekte und die komplexen Dynamiken an den Rändern unseres Sternsystems besser zu verstehen. Sie dienen als Überbleibsel aus der Frühzeit des Sonnensystems vor etwa 4,6 Milliarden Jahren. Die detaillierte Untersuchung ihrer Zusammensetzung und ihrer Umlaufbahnen erweitert unser Wissen über die Planetenentstehung. Der Status dieser Himmelskörper zeigt, dass unser Sonnensystem dynamisch und noch lange nicht vollständig erforscht ist. Künftige Missionen werden wahrscheinlich weitere Zwergplaneten entdecken und unseren Katalog erweitern.
Die Struktur der Zwergplaneten
Die innere Struktur der Zwergplaneten ist nicht einheitlich, hängt von ihrer Lage im Sonnensystem und ihrer Größe ab, weist aber typischerweise eine Differenzierung in Schichten auf. Die größte strukturelle Gemeinsamkeit ist, dass ihre Eigengravitation ausreicht, um sie in eine annähernd kugelförmige Gestalt zu zwingen, was auf eine innere Schichtung hindeutet.
Äußere Zwergplaneten (Pluto, Eris, Haumea, Makemake)
Die Zwergplaneten im Kuipergürtel (wie Pluto, Eris, Haumea und Makemake) sind typischerweise Eis-Gesteins-Mischkörper und ähneln in ihrer Struktur den größeren Eismonden des äußeren Sonnensystems.
- Oberfläche/Kruste: Die äußere Schicht besteht aus verschiedenen flüchtigen Eisarten, die bei den extrem kalten Temperaturen am Rande des Sonnensystems gefroren sind. Dazu gehören hauptsächlich Stickstoffeis, Methan- und Kohlenmonoxid-Eis (besonders auf Pluto und Makemake) sowie Wassereis.
- Mantel: Unter der Kruste befindet sich ein Mantel, der hauptsächlich aus Wassereis (H$_2$O) besteht. Bei einigen größeren Körpern wie Pluto und Eris wird ein unterirdischer Ozean aus flüssigem Wasser vermutet. Dieses Wasser würde durch den Zerfall radioaktiver Elemente im Inneren warm gehalten. Bei Pluto deuten neuere Erkenntnisse allerdings darauf hin, dass dieser Ozean möglicherweise nicht existiert oder nur sehr dünn ist.
- Kern: Im Zentrum wird ein felsiger Kern aus Silikatgestein und möglicherweise Metall vermutet. Dieser Kern ist dichter als die Eisschichten darüber.
Ceres (Der Asteroidengürtel)
Ceres ist der einzige anerkannte Zwergplanet im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und hat daher eine andere Zusammensetzung als die eisigen Transneptunischen Objekte.
- Oberfläche: Die Oberfläche ist dunkel und kraterreich, mit Silikatgestein und wasserhaltigen Mineralen. Besonders auffällig sind helle Salzablagerungen und Hinweise auf Kryovulkanismus (Eisvulkane wie Ahuna Mons).
- Mantel: Ceres besitzt einen Mantel, der wahrscheinlich reich an Wassereis und hydratisierten Mineralen ist und möglicherweise bis zu 25 % seiner Masse ausmacht. Es gibt starke Hinweise auf einen salzigen Ozean unter der Oberfläche.
- Kern: Auch Ceres wird ein felsiger Kern aus Gestein und Metall zugeschrieben.
Insgesamt besitzen Zwergplaneten aufgrund ihrer Größe und Masse eine innere Schichtung, die sie von kleineren Himmelskörpern unterscheidet und auf eine aktive, wenn auch langsame, geologische Entwicklung hinweist.
Ausführliche Informationen zu den Zwergplaneten
Die derzeit fünf offiziell anerkannten Zwergplaneten unseres Sonnensystems unterscheiden sich stark in ihrer Position, Zusammensetzung und ihren physikalischen Eigenschaften. Vier von ihnen sind sogenannte Plutoide, die jenseits der Neptunbahn im äußeren Sonnensystem kreisen, während einer (Ceres) im Asteroidengürtel liegt.
Pluto
Pluto, offiziell (134340) Pluto, ist der bekannteste Zwergplanet, da er bis 2006 als neunter Planet galt.
- Position: Er ist ein Plutoid und ein transneptunisches Objekt (TNO), das den Kuipergürtel dominiert. Seine Umlaufbahn ist stark exzentrisch und gegen die Ekliptik geneigt.
- Größe: Mit einem Durchmesser von etwa 2377 km ist Pluto kleiner als unser Erdmond, aber das größte Objekt im Kuipergürtel.
- Zusammensetzung und Atmosphäre: Pluto ist ein Eis-Gesteins-Mischkörper. Seine Oberfläche besteht aus gefrorenem Stickstoff, Methan und Kohlenmonoxid-Eis. Wenn er der Sonne am nächsten ist, bildet sich eine dünne, temporäre Atmosphäre aus Stickstoff und Methan, die beim Entfernen wieder gefriert.
- Oberfläche: Die Oberfläche ist überraschend vielfältig und jung, was auf eine geologische Aktivität hindeutet. Am bekanntesten ist die helle, herzförmige Ebene Sputnik Planitia, eine große Stickstoff-Eisfläche.
- Monde: Pluto besitzt fünf bekannte Monde. Der größte, Charon, ist so groß im Verhältnis zu Pluto (etwa halb so groß), dass sie oft als Doppel-Zwergplanetensystem betrachtet werden. Die anderen Monde sind Nix, Hydra, Kerberos und Styx.
- Erkundung: Die NASA-Sonde New Horizons flog im Jahr 2015 an Pluto vorbei und lieferte detaillierte Bilder und Daten.
Ceres
Ceres, offiziell (1) Ceres, ist der kleinste der anerkannten Zwergplaneten und der einzige im inneren Sonnensystem.
- Position: Ceres ist der größte Himmelskörper im Asteroidengürtel zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter.
- Größe: Er hat einen Durchmesser von etwa 940 km.
- Zusammensetzung: Ceres ist wahrscheinlich ein differenzierter Körper mit einem felsigen Kern und einem Mantel, der reich an Wassereis ist. Wissenschaftler vermuten, dass bis zu 25% seiner Masse aus Wasser besteht.
- Oberfläche: Die Oberfläche ist dunkel, ähnelt Steinkohle, zeigt aber auch einzigartige Merkmale, wie die berühmten hellen Flecken im Occator-Krater, die aus Salzablagerungen (Natriumkarbonat und Ammoniumchlorid) bestehen, und Hinweise auf Kryovulkanismus (Eisvulkane) wie den Ahuna Mons.
- Erkundung: Ceres wurde von 2015 bis 2018 von der NASA-Sonde Dawn umkreist und intensiv erforscht.
Eris
Eris, offiziell (136199) Eris, war die Entdeckung, die maßgeblich zur Neudefinition des Planetenbegriffs im Jahr 2006 führte.
- Position: Eris ist ein Plutoid und gehört zu den gestreuten Scheibenobjekten (SDO), einer Untergruppe der TNOs. Seine Umlaufbahn ist stark exzentrisch und am weitesten von der Sonne entfernt. Ein Umlauf dauert etwa 557 Jahre.
- Größe: Eris ist in Bezug auf die Masse der größte bekannte Zwergplanet und hat einen Durchmesser von etwa 2326 km, womit er in etwa die Größe von Pluto besitzt.
- Zusammensetzung: Er besteht wahrscheinlich aus Gestein und Eis.
- Oberfläche: Die Oberfläche erscheint aufgrund einer Schicht aus Methan- und Stickstoffeis hell und ist sehr reflektierend (hohe Albedo). Aufgrund der enormen Entfernung kann nur wenig Licht von der Sonne die Oberfläche erwärmen.
- Monde: Eris besitzt einen bekannten Mond, Dysnomia.
Haumea
Haumea, offiziell (136108) Haumea, zeichnet sich durch seine extrem schnelle Rotation und seine ungewöhnliche Form aus.
- Position: Haumea ist ein Plutoid im Kuipergürtel.
- Form und Rotation: Aufgrund seiner extrem schnellen Rotation von nur etwa 4 Stunden pro Umdrehung hat Haumea eine stark ellipsoide Form, die einem Ei ähnelt. Seine Abmessungen werden grob mit 2300×1600×1000 km angegeben.
- Zusammensetzung: Er besteht hauptsächlich aus Gestein mit einer dünnen Schicht aus kristallinem Wassereis. Es wird vermutet, dass Haumea das Ergebnis einer massiven Kollision in der Frühzeit des Sonnensystems ist.
- Monde und Ring: Haumea besitzt zwei Monde, Hi’iaka und Namaka. Im Jahr 2017 wurde zudem die Entdeckung eines Ringsystems bekannt gegeben, was Haumea zu einem der wenigen Objekte im Sonnensystem mit einem solchen Ring macht.
Makemake
Makemake, offiziell (136472) Makemake, ist das zweithellste Objekt im Kuipergürtel nach Pluto.
- Position: Makemake ist ein Plutoid und gehört zu den klassischen Kuipergürtelobjekten (Cubewanos), die relativ stabile, nicht durch Neptun gestörte Umlaufbahnen haben.
- Größe: Er hat einen Durchmesser von etwa 1420 km.
- Oberfläche: Die Oberfläche ist hell und weist eine rötliche Färbung auf, was auf die Anwesenheit von Methan- und Ethan-Eis zurückgeführt wird.
- Atmosphäre: Beobachtungen einer Sternbedeckung zeigten, dass Makemake im Gegensatz zu Pluto keine globale Atmosphäre besitzt oder diese extrem dünn ist.
- Monde: Makemake besitzt einen bekannten, viel kleineren Mond, der provisorisch als MK2 bezeichnet wird.
- Name: Der Name leitet sich vom Schöpfergott der polynesischen Mythologie der Osterinsel ab.
Wichtige Fakten zu den Zwergplaneten
| Merkmal | Pluto | Ceres | Eris | Haumea | Makemake |
| Offizielle IAU-Nummer | (134340) | (1) | (136199) | (136108) | (136472) |
| Durchmesser (ca.) | 2377 km | 940 km | 2326 km | 2300×1600×1000 km (Ellipsoid) | 1420 km |
| Position im Sonnensystem | Kuipergürtel (TNO) | Asteroidengürtel (Zwischen Mars/Jupiter) | Gestreute Scheibe (TNO) | Kuipergürtel (TNO) | Kuipergürtel (TNO) |
| Zusammensetzung | Eis & Gestein (Stickstoff-, Methan-Eis) | Gestein & Wassereis (Hydratisierte Minerale) | Eis & Gestein (Methan-, Stickstoff-Eis) | Hauptsächlich Gestein mit dünner Eis-Schicht | Eis & Gestein (Methan-Eis) |
| Umlaufzeit (Erdenjahre) | ≈248 a | ≈4,6 a | ≈557 a | ≈285 a | ≈305 a |
| Bekannte Monde | 5 (Charon, Nix, Hydra, Kerberos, Styx) | 0 | 1 (Dysnomia) | 2 (Hi’iaka, Namaka) | 1 (MK2) |
| Besonderheit | Ehemaliger 9. Planet, Doppelplanet mit Charon | Einziger Zwergplanet im inneren Sonnensystem, helle Salzflecken | Massereichster Zwergplanet, führte zur Neudefinition | Sehr schnelle Rotation (4h), stark ellipsoide Form, Ring | Zweithellstes TNO, rötliche Oberfläche |





