Hercules–Corona Borealis Great Wall – Die derzeit größte bekannte Struktur im gesamten beobachtbaren Universum

Die Hercules–Corona Borealis Great Wall stellt die derzeit größte bekannte Struktur im gesamten beobachtbaren Universum dar, was ihre immense Bedeutung in der modernen Kosmologie unterstreicht. Diese gigantische Ansammlung von Galaxien, die als Filament klassifiziert wird, dehnt sich über eine unvorstellbare Distanz aus. Ihre Länge wird auf etwa zehn Milliarden Lichtjahre geschätzt, was sie zu einem kolossalen Gebilde macht. Zum Vergleich: Der Durchmesser unserer eigenen Milchstraßengalaxie beträgt lediglich etwa hunderttausend Lichtjahre, womit die Mauer ein Vielfaches größer ist. Selbst im Vergleich zu dem zuvor größten bekannten Gebilde, der Huge-LQG, die etwa vier Milliarden Lichtjahre maß, übertrifft die Great Wall diese mit mehr als der doppelten Ausdehnung. Die Entdeckung dieser Struktur erfolgte im November 2013 durch eine Gruppe ungarischer und amerikanischer Astronomen. Sie analysierten Daten des Swift-Satelliten, der Gammablitze im fernen Universum aufzeichnete, um ihre Existenz zu belegen. Gammablitze gelten als Indikatoren für die Anwesenheit von massereichen Galaxien und deren Entstehungsprozesse. Die Wissenschaftler bemerkten eine ungewöhnlich hohe Konzentration dieser energiereichen Blitze in einer bestimmten Himmelsregion. Diese signifikante Häufung der Gammablitze diente als direkter Hinweis auf eine enorme Überdichte von Materie und Galaxien in dieser Richtung des Kosmos. Benannt wurde das Filament nach den Sternbildern Herkules und Nördliche Krone, in deren Richtung es am Himmel lokalisiert ist. Die Struktur befindet sich in einer kosmologischen Rotverschiebung von etwa 1,6 bis 2,1, was bedeutet, dass wir sie in einem Alter des Universums von ungefähr neun bis zehn Milliarden Jahren betrachten. Die schiere Größe der Hercules–Corona Borealis Great Wall wirft signifikante Fragen bezüglich des kosmologischen Prinzips auf. Das kosmologische Prinzip besagt, dass das Universum auf großen Skalen homogen und isotrop ist, das heißt, es sieht überall gleich aus und ist in allen Richtungen gleich beschaffen. Dieses Prinzip impliziert eine theoretische Obergrenze für die Größe kosmischer Strukturen, die sich durch die Gravitation in der verfügbaren Zeit seit dem Urknall bilden konnten. Experten gingen zuvor davon aus, dass die größten Strukturen diese Grenze von etwa 1,2 Milliarden Lichtjahren nicht überschreiten sollten. Die Great Wall ist jedoch um ein Vielfaches, nämlich etwa das Achtfache, größer als diese theoretische Obergrenze, was diese fundamentalen Annahmen der Kosmologie massiv infrage stellt. Forscher stehen nun vor dem Rätsel, wie ein so riesiges Gebilde in der vergleichsweise kurzen Zeit seit dem Urknall überhaupt entstehen konnte. Die Existenz dieser Mauer könnte neue physikalische Prozesse oder Modifikationen des Standardmodells der Kosmologie erfordern, um ihre Entstehung zu erklären. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um ihre genaue Form, innere Struktur und ihren Entstehungsmechanismus vollständig zu verstehen. Einige Astronomen diskutieren noch immer die statistische Signifikanz der Beobachtungen und ob es sich tatsächlich um eine zusammenhängende Struktur oder nur um eine zufällige Anordnung nicht verbundener Galaxien handelt. Die Great Wall repräsentiert eine faszinierende Herausforderung für unser Verständnis des Universums und seiner Entwicklung im Verlauf der kosmischen Geschichte. Sie zwingt Wissenschaftler, über die Grenzen unserer aktuellen Modelle hinauszudenken und die Verteilung von Materie im gigantischen kosmischen Netz neu zu bewerten. Dieses Filament illustriert die Komplexität und die überraschenden Phänomene, die der Kosmos auf seinen größten Skalen bereithält. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Erkenntnisse die zukünftige Forschung über dieses Monument des Universums liefern wird.
Details zur Hercules–Corona Borealis Great Wall
Ausdehnung und Dimension
Die geschätzte Größe der HCBGW ist immens:
- Ausdehnung: Sie erstreckt sich über schätzungsweise 10 Milliarden Lichtjahre in ihrer größten Dimension.
- Vergleich: Damit wäre sie mehr als doppelt so groß wie der Huge-LQG (Huge-Large Quasar Group) und etwa sechsmal so groß wie die Sloan Great Wall, die zuvor als eine der größten Strukturen galt.
Zum Vergleich: Unsere Milchstraße misst nur etwa 100.000 Lichtjahre im Durchmesser.
Entdeckung und Nachweis
- Entdeckung: Die Struktur wurde erstmals im November 2013 von einem Team um István Horváth basierend auf der Verteilung von Gammablitzen (Gamma-Ray Bursts, GRBs) vorgeschlagen.
- Methode: GRBs sind extrem energiereiche Ereignisse, die mit der Entstehung massereicher Sterne in Galaxien in Verbindung gebracht werden. Die Astronomen stellten fest, dass sich eine ungewöhnlich hohe Konzentration dieser Gammablitze in der Region des Himmels in Richtung der Sternbilder Hercules und Corona Borealis (Nördliche Krone) häufte, was auf eine dichte Ansammlung von Galaxien in dieser Region hindeutete.
- Datenbasis: Die Beobachtungen stützten sich auf Daten des Swift-Satelliten der NASA.
Herausforderung für die Kosmologie
Die Existenz einer so gewaltigen Struktur stellt eine ernste Herausforderung für das Kosmologische Prinzip dar, das ein grundlegendes Element des Standardmodells der Kosmologie (ΛCDM-Modell) ist.
- Kosmologisches Prinzip: Dieses Prinzip besagt, dass das Universum auf großen Skalen homogen (gleichförmig) und isotrop (in alle Richtungen gleich) ist.
- Theoretische Grenze: Basierend auf dem Kosmologischen Prinzip und der Zeit seit dem Urknall, sollte es keine Strukturen geben, die wesentlich größer sind als etwa 1,2 Milliarden Lichtjahre. Strukturen dieser Größe hätten nicht genügend Zeit gehabt, sich durch Gravitation zu bilden.
- Konsequenz: Wenn die Hercules–Corona Borealis Great Wall als zusammenhängende, physikalisch gebundene Struktur bestätigt wird, müsste dies zu einer Überprüfung oder Modifikation unserer Modelle der kosmischen Strukturbildung und möglicherweise des ΛCDM-Modells führen.
Status
Die HCBGW ist zwar die größte bekannte Struktur, aber ihre Existenz als zusammenhängende physische Einheit ist unter Astronomen noch umstritten. Einige Wissenschaftler argumentieren, dass die beobachtete Gruppierung von Gammablitzen ein Zufall oder ein Artefakt der Beobachtungsmethode sein könnte, und nicht notwendigerweise eine einzige, gravitativ gebundene Struktur. Weitere Untersuchungen und tiefere Himmelsdurchmusterungen sind erforderlich, um ihren Status endgültig zu bestätigen.
Hercules–Corona Borealis Great Wall (HCB Great Wall)
| Merkmal | Detail | Anmerkung |
| Art der Struktur | Galaxienfilament (Superstruktur) | Eine riesige Ansammlung von Galaxienhaufen und Superhaufen. |
| Geschätzte Größe | ca. 10 Milliarden Lichtjahre (ly) | Dies entspricht etwa ∼1/10 des Durchmessers des gesamten beobachtbaren Universums. |
| Entdeckungsjahr | 2013 | Entdeckt von einer ungarisch-amerikanischen Forschergruppe. |
| Nachweis | Konzentration von Gammablitzen (GRBs) | Gammablitze treten in Galaxien auf und ihre Häufung deutet auf eine erhöhte Galaxiendichte hin. |
| Rotverschiebung (z) | ca. z≈1,6 bis 2,1 | Zeigt an, dass die Struktur im frühen Universum liegt. |
| Position | Sternbilder Herkules (Hercules) und Nördliche Krone (Corona Borealis) | Die Struktur erstreckt sich über einen weiten Bereich des nördlichen Sternenhimmels (∼125∘). |
| Kritik/Kontroverse | Existenz noch nicht abschließend bewiesen | Einige Studien legen nahe, dass die beobachtete GRB-Verteilung zufällig sein könnte, andere unterstützen die Existenz. |
| Problem der Größe | Zu groß für das Standardmodell der Kosmologie | Nach dem Kosmologischen Prinzip (Homogenität und Isotropie) sollten im frühen Universum keine so großen Strukturen existieren. |






